Harald Müller, Geschäftsführer der Bonner Wirtschafts-Akademie (BWA), erklärt, dass die Deindustrialisierung Deutschlands in vollem Gange sei. Er berichtet von einem hohen Maß an Verunsicherung in der Wirtschaft, das bereits im letzten Jahr zu umfangreichen Vorbereitungen und teilweise zur Durchführung von Produktionsverlagerungen ins Ausland geführt habe. Diese Erkenntnisse zieht er aus Gesprächen mit zahlreichen Führungskräften und Betriebsräten aus Mittelstand und Konzernen. Müller betont, dass es nicht mehr darum gehe, ob solche Verlagerungen stattfinden würden, sondern lediglich um das Wie und die Geschwindigkeit.
Er führt die fundamental falschen Weichenstellungen in der Energiepolitik als Hauptursache für diese Entwicklung an. Laut Müller haben viele Teile der Wirtschaft das Scheitern der sogenannten Energiewende vorausgesehen und entsprechende Maßnahmen ergriffen, um sich davor zu schützen. Als Folge sei die Abwanderung von Unternehmen ins Ausland nun unvermeidlich.
Müller beobachtet, dass ganze Wirtschaftszweige, darunter die Chemische Industrie, die Metallverarbeitung und die Automobilproduktion samt Zulieferernetzen, ins Ausland abwandern. Er erklärt, dass dies auch kleinere Unternehmen betrifft, die um die Großindustrie herum angesiedelt sind und folgen, wenn die Großunternehmen das Land verlassen.
Er stellt fest, dass viele chemische Fertigungsanlagen nach der regelmäßigen Revision gar nicht mehr in Betrieb genommen werden, da es wirtschaftlicher sei, sie stillstehen zu lassen, anstatt sie mit überhöhten Energiekosten zu betreiben. Müller kritisiert die Politik dafür, die Zusammenhänge nicht zu verstehen und stattdessen sogar den Rückgang des Verbrauchs fossiler Energieträger zu feiern, ohne die tatsächlichen Ursachen zu kennen.
Der BWA-Chef prognostiziert eine ähnliche Zukunft für die Reifenproduktion und den Automobilsektor. Er sieht die Politik der einseitigen Förderung der E-Mobilität als gescheitert an und betont, dass die Verunsicherung der Verbraucher zu einer Zurückhaltung beim Autokauf führt, was wiederum Unsicherheiten für die Hersteller schafft.
Müller kritisiert die Bürokratie ebenfalls als maßgeblichen Treiber der Deindustrialisierung. Als Beispiel nennt er das Verbot von PFAS aufgrund von Änderungen der Chemikalienverordnung REACH durch die EU-Kommission, das die Herstellung bestimmter Produkte in der EU erschwert.
Abschließend stellt er fest, dass das Versprechen der Bundesregierung, Deutschland auf bezahlbaren grünen Strom umzustellen, auf Jahre hinaus unerfüllbar sein wird. Unternehmen würden nicht darauf warten und bereits jetzt in alternative Industriestandorte, insbesondere in den USA, abwandern, wo Energiekosten vernachlässigbar seien.
Basierend auf einer Pressemitteilung von BWA Akademie vom 22.02.2024