Der SAFE-Index zur Manager-Stimmung verzeichnete im Mai einen Rückgang von +0,61 auf +0,26. Der Grund für diesen Rückgang liegt in der vorsichtigeren Haltung, die in den Analystenkonferenzen vieler Führungskräfte von börsennotierten Unternehmen in Deutschland erkennbar war. Diese konnten angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten keine konkreten Prognosen abgeben. Die Aussagen spiegeln eine wachsende Unsicherheit wider, die insbesondere durch Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Zollfolgen, Bedenken hinsichtlich eines schwächelnden Konsumklimas und die Sorge über zukünftige Wechselkursentwicklungen geprägt ist.
Der Indexverlust wurde durch mehrere globale Ereignisse verstärkt. Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump im April 2025 über umfangreiche Importzölle, die stockenden Koalitionsverhandlungen in Deutschland und zunehmende weltpolitische Spannungen trugen zu einer noch stärkeren Unsicherheit bei. Florian Heider, der wissenschaftliche Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, erklärte, dass unklare Spielregeln Unternehmen oft dazu veranlassen, sich zurückzuziehen. Die Unsicherheit sei nicht nur groß, sondern habe eine neue Dimension erreicht: Früher war sie auf einzelne Sektoren beschränkt, doch mittlerweile betreffe sie die gesamte weltwirtschaftliche Ordnung, da die USA ihre bisherige Rolle nicht mehr ausfüllen wollten.
Zahlreiche Unternehmen verzichteten in diesem unsicheren Umfeld auf eine Prognose für das laufende Jahr. Eine Führungskraft berichtete, dass es in der Vergangenheit selten so schwierig gewesen sei, einen realistischen Ausblick zu geben, insbesondere aufgrund der Unwägbarkeiten im Welthandel, die sowohl das eigene Unternehmen als auch die Kunden verunsicherten.
Die Unsicherheit hat dazu geführt, dass viele Unternehmen geplante Entscheidungen verschieben. Insbesondere im Industriesektor berichteten Führungskräfte von einer Zurückhaltung der Kunden, die sich unsicher über die Auswirkungen der Änderungen seien und ihre bestehende Struktur vorerst beibehalten würden. Diese Verzögerungen bei Investitionsentscheidungen und die damit einhergehenden Belastungen für das Verbrauchervertrauen wurden als besorgniserregend wahrgenommen. Zudem sagte eine andere Führungskraft eines Industriegüterunternehmens, dass die ständigen Änderungen der Zolltarife es extrem schwierig machen, Planungssicherheit für neue Investitionen zu gewährleisten.
Im Jahr 2025 wird die Unsicherheit voraussichtlich weiterhin ein zentrales Thema bleiben. Ein neues Team unter der Leitung von Alexander Hillert, Professor für Data Science und Finance bei SAFE, hat sich darauf spezialisiert, die Unsicherheit in der Kommunikation von Unternehmen systematisch zu messen. Mit Hilfe des Loughran and McDonald Dictionary of Uncertainty Words wird nun untersucht, wie oft in Analystenkonferenzen Begriffe wie „unklar“, „volatil“ und „Risiko“ verwendet werden. Die Analyse hat gezeigt, dass die Unsicherheit im April 2024 besonders hoch war – mehr als in jedem anderen Monat des vergangenen Jahres.
Die Untersuchung von SAFE erfasst diese Unsicherheit auf Grundlage von Narrativen, indem sie untersucht, wie häufig Führungskräfte Mehrdeutigkeiten, Risiken oder Zweifel äußern. Diese qualitativen Daten ergänzen marktbasierte Messgrößen wie den Volatilitätsindex VIX, der die Markterwartungen hinsichtlich zukünftiger Aktienkursschwankungen abbildet.
Ein zentrales Thema in den Analystenkonferenzen bleibt nach wie vor die Unsicherheit bezüglich der Zölle. Viele Unternehmen gaben an, dass die Auswirkungen der US-Importzölle noch nicht genau abzuschätzen seien. Einige Unternehmen, die selbst nicht direkt betroffen sind, äußerten Besorgnis über die potenziellen Folgen für ihre Kunden und deren Lieferketten. Im Konsumgütersektor wurde zudem die Sorge über eine nachlassende Nachfrage infolge der allgemeinen Unsicherheit und der Zölle sowie der schwache Dollar geäußert. Einige Automobilhersteller denken darüber nach, ihre Investitionen oder Produktionsstätten in die USA zu verlagern, um besser auf die politischen Veränderungen reagieren zu können.
Bereits im vergangenen Jahr konnten Schwankungen in der Unsicherheit beobachtet werden, die mit politischen Entscheidungen zusammenhingen. Ein deutlicher Anstieg war im Dezember 2024 zu verzeichnen, als die US-Präsidentschaftswahlen stattfanden und die deutsche Regierungskoalition auseinanderbrach. Der Rückgang der Unsicherheit im März 2025 spiegelte die zunehmende politische Stabilität in Deutschland wider und den Umstand, dass sich die neue US-Handelspolitik noch nicht signifikant auf die globale Wirtschaft ausgewirkt hatte.
Der SAFE-Index zur Manager-Stimmung misst monatlich, wie optimistisch oder pessimistisch Führungskräfte in börsennotierten Unternehmen in Deutschland sind. Der Index basiert auf einer automatisierten Textanalyse von Geschäftsberichten und Analystenkonferenzen, die positive und negative Aussagen auswertet, um Einblicke in die Investitionsbereitschaft sowie mögliche Trends bei Aktienrenditen zu geben. Der Index verwendet ein rollierendes Dreimonatsfenster von Daten, um ein umfassendes Bild der Manager-Stimmung zu zeichnen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE/ Veröffentlicht am 13.05.2025