Das Institut für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN) der Hochschule Karlsruhe (HKA) hat im Rahmen des regionalen Kompetenzzentrums KARL – Künstliche Intelligenz für Arbeit und Lernen in der Region Karlsruhe – eine umfassende Untersuchung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im deutschen Mittelstand durchgeführt. Zwischen März und Mai 2025 wurden dabei Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus 517 mittelständischen Unternehmen telefonisch befragt. Teilgenommen haben Firmen der gewerblichen Wirtschaft mit 20 bis 500 Beschäftigten. Rund 27 Prozent der Befragten stammen aus kleinen Unternehmen, 39 Prozent aus mittelgroßen Betrieben und 34 Prozent aus größeren Mittelständlern. Vertreten waren sowohl das Verarbeitende Gewerbe als auch wissensintensive Dienstleistungsbranchen. Damit bietet die Erhebung einen repräsentativen Einblick in die deutsche Industrie.
Nach den Ergebnissen nutzen derzeit 40 Prozent der befragten Unternehmen bereits KI-Anwendungen, während weitere 21 Prozent den Einsatz in naher Zukunft planen. Diese Werte liegen nahe bei den aktuellen Daten des ifo Instituts und unterstreichen die Verlässlichkeit der Studie. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass in absehbarer Zeit über 60 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland KI-Technologien einsetzen werden – ein deutliches Zeichen für den zunehmenden Stellenwert dieser Technologie.
Die Auswertung zeigt deutliche Unterschiede in der Nutzung nach Unternehmensgröße. Große Mittelständler mit 250 bis 500 Beschäftigten sind mit einer Nutzungsquote von 49 Prozent führend. Weitere 25 Prozent dieser Unternehmen beabsichtigen, KI bald einzuführen. Damit könnte künftig etwa drei Viertel dieser Unternehmensgruppe KI-Lösungen einsetzen. Auch kleinere Betriebe mit 20 bis 49 Beschäftigten zeigen sich vergleichsweise aktiv: 39 Prozent von ihnen nutzen bereits KI. Bei Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden liegt der Anteil bei rund einem Drittel. Insgesamt ergibt sich ein positives und dynamisches Bild der KI-Verbreitung im Mittelstand.
Ein differenzierter Blick auf die Einsatzbereiche zeigt, dass KI am häufigsten in Vertrieb und Marketing genutzt wird. Etwa 15 Prozent der Unternehmen setzen hier in hohem oder sehr hohem Maße auf KI, etwa zur Analyse von Kundendaten oder zur Prognose von Markttrends. In geringerem Umfang kommen KI-Anwendungen in Serviceangeboten (10 Prozent), in Forschung und Entwicklung (8 Prozent), in der Verwaltung (7 Prozent) und in der Produktion (6 Prozent) zum Einsatz. Besonders zurückhaltend ist der Einsatz im Personalwesen, wo nur 5 Prozent der Unternehmen KI intensiv verwenden. Weniger als 4 Prozent nutzen KI in größerem Umfang zur Entwicklung eigener intelligenter Produkte.
Laut Studienleiter Prof. Dr. Steffen Kinkel, Fakultät für Informatik und Wirtschaftsinformatik der HKA, fällt es vielen Unternehmen noch schwer, gewinnbringende Anwendungsfelder für smarte Produkte zu identifizieren, die erkennbaren Kundennutzen schaffen. Dagegen sei die Integration von KI in Serviceleistungen einfacher und könne langfristig die Servitization, also die stärkere Dienstleistungsorientierung der Industrie, vorantreiben.
Auffällig ist zudem, dass viele Unternehmen bislang ohne übergeordnete Strategie agieren. Nur 21 Prozent der Befragten gaben an, eine unternehmensweite KI-Strategie zu verfolgen. Von den Unternehmen, die bereits KI nutzen, verfügen 64 Prozent über keine entsprechende Strategie. Bei denjenigen, die den Einsatz erst planen, liegt der Anteil sogar bei 83 Prozent. Besonders kleine Unternehmen (20–49 Mitarbeitende) hinken hier mit nur 9 Prozent deutlich hinterher, während ein Drittel der größeren Mittelständler (250–500 Beschäftigte) bereits strategische Ansätze verfolgt. Kinkel deutet dies so, dass viele Unternehmen derzeit noch in einer experimentellen Phase seien und erste Erfahrungen sammelten. Gleichzeitig betont er, dass eine strategische Planung unerlässlich sei, um KI langfristig effektiv und zielgerichtet einzusetzen.
Auch der Einsatz generativer KI, insbesondere großer Sprachmodelle wie ChatGPT oder Aleph Alpha, gewinnt an Bedeutung. In 73 Prozent der befragten Unternehmen dürfen Mitarbeitende bereits solche Modelle nutzen. In knapp der Hälfte dieser Firmen (48 Prozent) besteht keine Einschränkung bei der Verwendung frei verfügbarer Modelle, während 23 Prozent nur vom Unternehmen bereitgestellte Sprachmodelle erlauben. Vor allem größere Mittelständler regulieren deren Einsatz stärker, um Datenkontrolle und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen.
Kinkel weist darauf hin, dass der Umgang mit generativer KI spezifische Kompetenzen erfordert, insbesondere die Fähigkeit, Inhalte kritisch zu hinterfragen und potenziell fehlerhafte Informationen zu erkennen. Daraus leite sich ein deutlicher Bedarf an Qualifizierung und Sensibilisierung ab, um den sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit KI zu gewährleisten.
Zur Unterstützung bietet das Kompetenzzentrum KARL praxisnahe Werkzeuge und Beratungsangebote für Unternehmen. Dazu gehören unter anderem eine Auswahlhilfe für geeignete KI-Anwendungsfälle, ein Readiness-Check zur Bewertung der technischen und organisatorischen Voraussetzungen sowie eine Kompetenzbenchmark zur Ermittlung des Schulungsbedarfs.
Das Projekt wird im Rahmen des Programms „Zukunft der Wertschöpfung – Forschung zu Produktion, Dienstleistung und Arbeit“ vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Studie beleuchtet zudem weitere Aspekte der KI-Integration, darunter Transparenz, Vertrauen und menschenzentrierte Gestaltung.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Hochschule Karlsruhe /Veröffentlicht am 06.10.2025
