Die deutsche Bevölkerung zeigt insgesamt eine geringere marktwirtschaftliche Orientierung, als sie selbst glaubt. Laut dem INSM-Marktwirtschaftsbarometer liegt der Durchschnittswert der Deutschen bei -3 auf einer Skala, die von +100 für eine vollständig marktwirtschaftliche Haltung bis -100 für eine vollständig planwirtschaftliche Einstellung reicht. Dies wurde durch eine Befragung zu zwölf verschiedenen Themen ermittelt. Obwohl sich 56,3 Prozent der Befragten als marktwirtschaftlich und nur 16,7 Prozent als planwirtschaftlich einschätzen, deutet der Durchschnittswert auf eine eher planwirtschaftliche Orientierung hin.
Bei bestimmten Themen zeigen sich die Deutschen jedoch eher marktwirtschaftlich. So bevorzugen 46,6 Prozent die Festlegung des Mindestlohns durch Tarifpartner, während 32,4 Prozent eine politische Regelung favorisieren. Besonders deutlich wird die marktwirtschaftliche Haltung in Bezug auf Chancen- und Vermögensgleichheit: Eine klare Mehrheit (70,5 Prozent) spricht sich für gleiche Chancen aus, während nur 10,7 Prozent eine gleichmäßige Vermögensverteilung für wichtiger halten. Auch die Rolle des Staates in der Wirtschaftspolitik stößt auf eine eher marktwirtschaftliche Haltung: 48,9 Prozent plädieren für weniger staatliche Eingriffe, nur 31,2 Prozent wünschen sich eine aktivere Rolle des Staates. Selbst bei der möglichen Insolvenz großer Unternehmen lehnen 53,9 Prozent den Kauf durch den Staat ab. Im Bereich der privaten Lebensrisiken wie Armut oder Unwetterschäden favorisieren 43,4 Prozent eher Eigenverantwortung statt staatlicher Absicherung. Beim Klimaschutz zeigt sich ebenfalls eine Mehrheit, die mehr auf Innovationen setzt (45,1 Prozent), statt auf staatliche Regulierung (10,8 Prozent). Zudem befürworten 56,3 Prozent niedrigere Steuern, während nur 34,8 Prozent mehr staatliche Daseinsvorsorge wünschen.
Auf der anderen Seite tendieren die Deutschen in Bereichen wie öffentlicher Infrastruktur und Sozialversicherungen stärker zu einer planwirtschaftlichen Haltung. 76,3 Prozent bevorzugen öffentliche Betreiber in Bereichen wie Telekommunikation und Gesundheitswesen. Auch eine staatliche Preisregulierung für lebenswichtige Güter wie Strom und Nahrung wird von 51,8 Prozent unterstützt. Nur 26,2 Prozent sind für eine Marktpreisbildung ohne staatlichen Einfluss. Bei der Organisation von Sozialversicherungen spricht sich ebenfalls eine Mehrheit für den Staat aus (47,6 Prozent), während lediglich 10,6 Prozent eine stärkere private Vorsorge bevorzugen.
Unterschiede zeigen sich kaum zwischen Männern und Frauen oder verschiedenen Altersgruppen. Jüngere Menschen (18-29 Jahre) zeigen sich eher planwirtschaftlich eingestellt, während die Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen stärker marktwirtschaftlich orientiert ist. Deutliche Unterschiede gibt es jedoch bei den Anhängern verschiedener politischer Parteien. Besonders marktwirtschaftlich sind die Wähler der FDP, während die Anhänger der Linkspartei am stärksten planwirtschaftlich eingestellt sind.
Geografisch gesehen sind die Menschen in den südlichen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern und Hessen tendenziell marktwirtschaftlicher, während in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bremen eine stärkere Präferenz für staatliche Regulierung zu beobachten ist.
Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der INSM, betonte, dass das Ergebnis zeigt, dass die Marktwirtschaft insgesamt populär ist, insbesondere wenn die Mehrheit der Deutschen sich selbst als marktwirtschaftlich empfindet. Er stellte fest, dass die Mehrheit beim Thema Klimaschutz eher auf Innovationen als auf staatliche Regulierung setzt. Allerdings äußerte er auch Besorgnis über die wachsende Bereitschaft zu höheren Steuern, was seiner Ansicht nach langfristig negativ für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und für Investitionen sein könnte.
Die Umfrage wurde von Civey im Auftrag der INSM zwischen dem 29. November und 2. Dezember 2023 unter rund 5.000 Bundesbürgern durchgeführt. Die Ergebnisse gelten unter Berücksichtigung eines statistischen Fehlers von 2,6 Prozentpunkten als repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)/ Veröffentlicht am 30.12.2024