Umsatzsteuerbefreiung zukünftig nur für berufsbezogene Weiterbildung?

Nima

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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat einen Entwurf zur Änderung des Umsatzsteueranwendungserlasses vorgelegt, der sich mit den Trägern der allgemeinen Weiterbildung befasst. Dieser Entwurf zeigt jedoch ein mangelndes Verständnis für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt. So wird der Erwerb von fachübergreifenden Kompetenzen, die in der heutigen Arbeitswelt unverzichtbar sind, als Freizeitaktivität betrachtet. Demnach könnten entsprechende Weiterbildungsangebote künftig besteuert werden, es sei denn, sie stehen in direktem Zusammenhang mit einem Beruf oder der Berufswahl. Der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) warnt jedoch davor, Bildung so eng zu definieren, und fordert einen konstruktiven Dialog mit dem Ministerium über die Bedeutung der Weiterbildung in Zeiten von Künstlicher Intelligenz, globalem Arbeiten und gesellschaftlichen Spannungen. Experten aus Bildung und Wirtschaft sind sich einig, dass überfachliche Kompetenzen, die in der allgemeinen Weiterbildung vermittelt werden, für das gesellschaftliche Leben und den Arbeitsplatz heute von zentraler Bedeutung sind.

Die vorgeschlagenen Änderungen des Ministeriums beruhen auf der Anpassung des deutschen Umsatzsteuergesetzes an europäische Vorgaben. Allerdings hatte der Europäische Gerichtshof keine Absicht, die allgemeine Weiterbildung zu besteuern. Julia von Westerholt, Direktorin des DVV, äußerte, dass das BMF seine Auslegungen des Umsatzsteuergesetzes überdenken müsse, da eine Besteuerung der Weiterbildung das oft betonte Anliegen von Politik und Wirtschaft nach lebenslangem Lernen untergraben würde. Sie stellte fest, dass die geplanten Änderungen wenig mit den tatsächlichen europarechtlichen Vorgaben zu tun hätten und größtenteils hausgemacht seien.

Im Mittelpunkt der Streitigkeiten steht der Entwurf eines Anwendungserlasses für die Änderungen des § 4 Nr. 21 im Umsatzsteuergesetz, die zum 1. Januar 2025 in Kraft treten sollen. Laut dem Entwurf des BMF werden künftig nur noch Weiterbildungsangebote, die direkten Bezug zum Beruf haben, als Bildungsleistungen anerkannt und bleiben steuerfrei. Angebote, die Kenntnisse vermitteln, die auch im privaten Bereich von Nutzen sind, würden als Freizeitaktivitäten gelten und müssten besteuert werden.

Der DVV kritisiert diese enge Definition von Bildung, da sie nicht den aktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht. Julia von Westerholt betonte, dass die Unterscheidung zwischen privaten und beruflichen Kompetenzen heutzutage nicht mehr sinnvoll sei, da Fähigkeiten wie Problemlösungskompetenz, Kommunikationsfähigkeit und soziale Kompetenz sowohl im Privatleben als auch im Berufsalltag unerlässlich seien. Das Ministerium ignoriere zudem Weiterbildungsangebote, die der Stärkung der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts dienen, und stelle deren Bildungswert infrage. Diese Haltung widerspricht den Kriterien, die für die steuerfreie Anerkennung von Bildungsangeboten von Bund und Ländern entwickelt wurden.

Die vom BMF vorgeschlagene Einschränkung der Steuerbefreiung diskriminiert nach Ansicht des DVV auch bestimmte gesellschaftliche Gruppen, insbesondere ältere Menschen, die ihr Berufsleben bereits beendet haben, aber weiterhin aus persönlichem und gesellschaftlichem Interesse lernen möchten. Zudem verweist der DVV auf die europäische Rechtsprechung, die bei der Definition von Bildung nicht nur die berufliche Verwendbarkeit berücksichtigt, sondern auch das Vermitteln von Wissen und Fähigkeiten in einem breiten Spektrum.

Ein weiteres Beispiel, das die Problematik der geplanten Änderungen verdeutlicht, ist die Steuerbefreiung für Musikunterricht für Kinder ab drei Jahren, der als Vorbereitung auf eine Hochschulaufnahmeprüfung angesehen wird. Dagegen müssten Kurse für Jugendliche, die soziale Kompetenzen oder Werte vermitteln, nachweisen, dass sie als Erziehungsmaßnahmen gelten, um steuerbefreit zu sein.

Der Entwurf des BMF würde nach Ansicht des DVV zu einer erheblichen bürokratischen Belastung führen und die Planung von Weiterbildungsprogrammen in Einrichtungen erschweren. Julia von Westerholt wies darauf hin, dass diese Regelungen nicht nur den Verwaltungsaufwand erhöhen, sondern auch die Preise für Weiterbildungsangebote steigern würden. Dies würde vor allem diejenigen benachteiligen, die sich in schwierigen Zeiten weiterbilden möchten, um ihre beruflichen Chancen zu verbessern. Die geplante Besteuerung vieler Weiterbildungsangebote widerspricht dem positiven Trend der steigenden Weiterbildungsbeteiligung und könnte die Weiterbildungsbereitschaft bremsen, was dem Bildungsstandort Deutschland schaden würde.

Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Deutscher Volkshochschul-Verband/ Veröffentlicht am 06.02.2025